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AutorenbildAi Media

Teilnahme an einer Ausschreibung - Erfahrungsbericht

Aktualisiert: 17. Juni

Wenn schon, denn schon

Im Herbst 2019 beschlossen wir zum ersten Mal bei einer Ausschreibung teilzunehmen und ehrgeizig, wie wir nunmal sind, suchten wir uns ein richtiges Mammutprojekt aus. Die Ausschreibung stammt vom Deutschen Museum in München, welches im Rahmen einer großen Renovierung nicht nur das Gebäude, sondern auch die Ausstellungsinhalte an sich, erneuern wollte. Das Projekt umfasste insgesamt über 140 Videos in 12 verschiedenen Themenbereichen, mit einer Gesamtlänge von 12.250 Sekunden. Also fast 3,5 Stunden, was ungefähr der Laufzeit eines Quentin Tarantino Films entspricht. Unser Vorhaben entsprach somit wohl eher einer ganzen Mammutherde, der wir jedoch entschlossen entgegentraten.


Zunächst stellten wir uns selbst und unsere bisherigen Projekte beim Museum gebührend vor und schon kurz darauf durften wir uns über die Einladung zum “Recall” freuen. In Phase 2 wurde unsere Euphorie allerdings erst einmal unter dem Mount Everest der Briefingdateien begraben, die wir akribisch durchgehen mussten. Über mehrere Tage hinweg gruben wir uns nach und nach an die Oberfläche, bis wir schlussendlich alles gut überblicken konnten. Doch Phase 2 beinhaltete auch eine kreative Aufgabe. Für zwei der gebrieften Projekte sollten wir einen Pitch erstellen. Dieser bestand für eines der anzufertigen Videos aus einem detailliertem Storyboard und für das andere aus einer Animatic.



Der graue star in Farbe

Das Storyboard war angedacht für ein Video aus dem Bereich “Gesundheit” zu dem Thema “Grauer Star”. Das Briefing beschrieb zwar welche Punkte angesprochen werden sollten, jedoch keine genauen Details zur Erkrankung selbst. Hier war somit viel Eigeninitiative und Recherche gefragt. Nach Abschluss des Projektes können wir voller Stolz sagen, dass wir nun zu den Experten unter den Ornithologen gehören. Der “Graue Star” ist doch eine Vogelart, richtig?

Neben den inhaltlichen Punkten, wurde im Briefing ebenfalls der Stil vorgegeben. Zwar spielt dieser bei der Darstellung von Storyboards normalerweise eine geringere Rolle, jedoch kann es für die Bildkomposition ein elementarer Faktor sein. Das Museum wünschte sich in diesem Fall den Stil “Collage”. Bei diesem Stil werden ausgeschnittene Bilder von sichtbaren Händen auf einem Hintergrund hin und her bewegt. Dies kann real gefilmt oder digital imitiert werden. Die Besonderheit ist hierbei, dass alle Objekte auf einem Hintergrund liegen, wodurch z.B. die Bewegung der Kamera sehr eingeschränkt ist und gerade diese ist elementar für das Storyboard. Ebenso ist die Darstellung der Hände ein wichtiger Aspekt, jedoch hatten wir für diesen Punkt ein paar Bedenken. Denn Hände in Verbindung mit dem Bild eines Augapfels, selbst wenn es nur eine Zeichnung ist, ergeben keine schöne Assoziation. Um nicht die Verantwortung für zukünftige Phobien vor dem Besuch beim Augenarzt tragen zu müssen, konzentrierten wir uns darauf, die Ästhetik des Collagen-Stils in den Fokus zu setzen.



Um unseren Einwand zu untermauern, erstellten wir zusätzliche Styleframes, die zeigen sollten, wie das Endergebnis auch ohne Hände dem Stil entsprechen und diesen sogar auf die nächste Stufe heben könnte.

Aus Sorge, unsere Widerworte könnten als rebellischer Akt angesehen werden, fügten wir dem Storyboard ein paar alternative Perspektiven hinzu, in denen die Hände beinhaltet waren. Schließlich ist der Kunde König und wir wollen nicht unseren Kopf riskieren.




Zwei Animationen zum Preis von einer

Das zweite Briefing stammt aus dem Bereich “Elektronik”. Es sollte eine Animatic erstellt werden, in der, an Hand eines Wohnungsgrundrisses, der Tagesablauf eines Smart-Home-Bewohners erklärt wird. Mit Hilfe von Icons sollten die verschiedenen Funktionen der Geräte und ihr zeitlicher Einsatz veranschaulicht werden. Durch einen, im Briefing enthaltenen, Zeitplan war der inhaltliche Ablauf des Videos bereits definiert und wir konnten den Fokus auf die gestalterische Umsetzung legen. Der gewünschte Stil für dieses Video war eine 2D Infografik. Doch besonders im Bezug auf das futuristische Thema erschien uns ein 3D-Look eigentlich passender. Nachdem wir beim Storyboard bereits die rebellischen Ambitionen unterdrückten, mussten wir auch in diesem Fall einen Kompromiss finden. Wir beschlossen den gewünschten Stil des Museums umzusetzen und ihnen zusätzlich, quasi als Bonbon, eine Version in 3D vorzustellen. Da es hierbei nur um die Entscheidung des Stils gehen sollte, entstanden die beiden Versionen in enger Absprache zueinander, so dass es möglichst wenig inhaltliche Unterschiede gab.


In der 2D-Version wurde die im Briefing vorgegebene Vogelperspektive eines Wohnungsgrundrisses als Hauptelement verwendet. Um den Grundriss etwas anschaulicher zu gestalten, orientierten wir uns stark an architektonischen Zeichnungen, die sich durch erkennbare Bleistiftstriche und Pastellfarben auszeichnen. Die Icons erscheinen, passend zum Zeitplan, innerhalb des Grundrisses. Da die Uhrzeit ebenfalls angezeigt werden sollte, entschieden wir uns ein Interface darzustellen. Dieses orientiert sich an bereits existierenden Smart-Home-Apps, um einen gewissen Kontext herzustellen, und bietet für Informationen wie Uhr- und Tageszeit einen festen Rahmen im Bild. Außerdem werden hier Icons dargestellt, die über einen längeren Zeitraum aktiv sein müssten oder im Grundriss zu viel Platz wegnehmen würden.




Für unseren Vorschlag in 3D ließen wir uns von sogenannten isometrischen Modellen inspirieren. Basierend auf dem gebrieften Grundriss bauten wir die Wohnung inklusive der Einrichtung in Cinema 4D. Wie bei isometrischen Modellen verzichteten wir auf die Decke und einen Teil der Wände, die der Kamera die Sicht versperren würden. Bei den Texturen achteten wir darauf, mit einer Mischung aus realen Materialien und simplen Farben, einen minimalistischen und modernen Look zu kreieren, der das Thema widerspiegeln sollte. Die Icons wurden hier ebenfalls im Grundriss platziert, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass wir hier auch in der Höhe nicht eingeschränkt waren. Zu Beginn gab es für diese Version ebenfalls ein ähnlich detailliertes Interface, jedoch lenkte dies stark von der eigentlichen Animation ab. Wir entschlossen uns daher für eine minimalistische Anzeige, um die Uhr- und Tageszeit einbinden zu können und den Bezug zur 2D-Version zu behalten, ohne zu sehr vom Bild abzulenken. Zusätzlich versuchten wir die Icons im Bild so weit es geht zu reduzieren. Beispielsweise werden keine Icons für das Licht angezeigt, stattdessen wird dieses tatsächlich ein- und ausgeschaltet. Das Highlight der 3D Animation ist aber der Sonnenverlauf. Passend zur angezeigten Uhrzeit, geht in der Animation die Sonne auf und unter, wodurch nicht nur der beschriebene Tagesablauf unterstrichen wird sondern auch schöne Lichtverhältnisse entstehen.



Da “Overachieving” noch keinem geschadet hat, außer dem eigenen Stressfaktor, entstanden sowohl für die 2D als auch für die 3D Version am Ende fast vollwertige Animationen anstatt einfacher Animatics. Wir entschlossen uns sogar dafür einen Voiceover einzusprechen, da dieser für das finale Projekt vorgesehen und somit sehr relevant für das Timing war.



Eine schlechte und eine gute Nachricht

Die schlechte Nachricht ist, dass wir zwar Erfahrung gewonnen, aber die Ausschreibung leider knapp verloren haben. Die gute Nachricht ist, dass wir nun nicht mehr nach einem Seminar zur Bändigung einer Mammutherde suchen müssen.

Dieses Projekt war tatsächlich eine Herausforderung für uns, besonders mit Blick auf den großen bürokratischen Teil, durch den wir uns sehr akribisch durcharbeiten mussten. Dementsprechen waren wir natürlich enttäuscht als wir am Ende nicht gewonnen hatten. Vor allem als wir erfuhren, dass wir für die Qualität unserer Arbeit die höchste Punktzahl erhielten. Doch leider ist bei Ausschreibungen, anders als bei normalen Aufträgen, der Preis ein ebenso wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste, Faktor und da haben größere Agenturen oftmals einen ganz anderen Spielraum.


Aber auch wenn wir nicht gewonnen haben, wollten wir trotzdem die Erfahrung und die Arbeit, die bei der Erstellung des Pitches herausgekommen ist, teilen. Das alles nehmen wir nun mit auf unsere Suche nach dem nächsten Mammut.



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